Mode
Zu Bally kam man jahrelang um Schuhe von guter Qualität zu kaufen. Gewiss waren die Schuhe von Bally nicht günstig, das Preis-Leistungs-Verhältnis aber stimmte. Natürlich liess man sich in Schönenwerd von der Pariser Mode inspirieren, aber im Vordergrund standen die Qualität der Passform und die technischen Innovation.
Max Bally (1880-1976), ein Enkel des Gründers C.F. Bally prägte während beinahe 70 Jahren die Handschrift der Bally-Schuhkollektion. Kein neues Modell ging ohne seine Begutachtung in die Produktion. Er wohnte jeder wichtigen Modeshow bei. Zurück in Schönenwerd berichtete er den Createuren ausführlich über seine Beobachtungen von neuen Trends, Farben und Materialien. Oft entwarf er während er unterwegs war, von Hand Skizzen neuer Modelle, inspiriert von Schaufenstern, Menschen auf der Strasse, Materialinnovationen etc.
Der modische Aspekt verbunden mit der Passformkompetenz liess laufend einzigartige Bally-Modelle entstehen. Als ebenfalls Verantwortlicher für den Verkauf erhielten Max Bally und seine Mitarbeiter in Gesprächen mit Detaillisten und durch den Austausch unter Kollegen wertvolle Anregungen und Ideen für Neuentwicklungen. Ein Innovationsprozess als solcher bestand bei Bally nicht, die Ideen kamen gewissermassen „natürlicherweise“ durch das Unternehmensklima zustande, welches durch Max Bally persönlich vorangetrieben wurde.
Als die Nachfrage sich u. a. durch die erhöhte Konkurrenz aus dem Ausland, den Preiszerfall, den Wegfall des Schutzzolles veränderte, kam Bally unter Druck. Ihm fehlte nach dem Tod Max Ballys der Visionär und der rote Faden in der Kollektion. Der inzwischen rege Wechsel in der Führung und in der Organisation sowie die fehlende Handschrift der Kollektion führten zu einer sträflichen Vernachlässigung des Produktes. Qualität, Produkteinnovation und modischer Gehalt des Schuhs waren einst die Grundlagen des Erfolges von Bally. Der Mangel an Innovation und an einer klaren Sortimentspolitik liess die Qualität und demzufolge die Nachfrage nach dem Bally-Schuh sinken. Modisch konnte Bally nicht länger mit den immer schneller wachsenden und individuelleren Wünschen der Märkte und dem Geschmack der Kunden Schritt halten.
Bally fing an sich immer wieder auf Neues erfinden zu wollen, und entfernte sich immer mehr von ihren ursprünglichen Kernkompetenzen. Der Konsument verlor die Orientierung, ein Wiedererkennungswert der Marke konnte nicht mehr gewährleistet werden.
Anfang der 90er Jahre wurde das Bally Sortiment von rund 10'000 Modellen auf 400 reduziert. Seither versuchen Manager auf Manager, Bally im Luxussegment neu zu positionieren – wo die modischen Aspekte vor Passform und Qualität überwiegen.